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Berlins erste jüdische Mädchenschule wurde 1835 in Mitte gegründet. Im Jahr 1930 wurde sie erweitert und zog in ein neu errichtetes Gebäude in der Auguststraße 11. Die Schule ist ein Werk des bekannten jüdischen Architekten Alexander Beer (1873-1944) und wurde im Stil der Neuen Sachlichkeit gebaut, welche das funktionelle über das ästhetische Design stellt. Beer ist später unter den Händen des Nationalsozialistischen Regimes im Konzentrationslager Theresienstadt ums Leben gekommen. Bestehend aus 14 Klassenzimmern, einer Turnhalle und einem Dachgarten als Aufenthaltsort für ältere Schüler, war die Schule eine der modernsten der Stadt. Neben den üblichen Schulfächern wurden die Schüler in Hebräisch und traditionellen Formen der Kunst unterrichtet.

Im Januar 1933, dem Jahr als Hitlers Nationalsozialistische Partei an die Macht kam, lebten etwa 160000 Juden in Berlin. Im April desselben Jahres trat das „Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen“ in Kraft. Dieses begrenzte die erlaubte Anzahl jüdischer Kinder an öffentlichen Schulen, was dementsprechend zu einer Überfüllung der jüdischen Einrichtungen führte. Zuvor besuchte eine große Mehrzahl jüdischer Kinder eine öffentliche deutsche Schule und weniger als ein Viertel von ihnen eine jüdische. Nach Einführung des Gesetzes erhöhte sich die Zahl der Schüler in den jüdischen Schulen von knapp 400 auf über 1000. Ab Oktober 1938, kam es zu immer weiteren Einschränkungen im Leben der jüdischen Bürger. Viele Familien und Kinder in Mitte wurden aus ihren Häusern fortgeschafft und zur polnischen Grenze gebracht. Dort hinterließ man sie mit nichts als der Kleidung die sie am Leib trugen und nur wenig Geld. Ohne Erklärung leerten sich immer mehr Stühle in der Auguststraße 11. Als Teil des nationalsozialistischen Plans zur Ausrottung der Juden in Europa wurden alle jüdischen Schulen im Jahr 1942 geschlossen. Die Schule in der Auguststraße 11 wurde am 30. Juni 1942 geschlossen. Die meisten ihrer Schüler und Lehrer wurden später deportiert und in Todeslagern umgebracht. Das Gebäude diente danach als Militärkrankenhaus bis zum Ende des Krieges.

Nach dem Ende des Krieges und der Teilung Deutschlands lag die Schule im Herzen des sowjetischen Sektors, welcher später Ostberlin werden sollte. Im Jahr 1950 wurde sie wiedereröffnet und erhielt den Namen Polytechnische Oberschule "Bertolt-Brecht". Brecht war ein bayrischer Bühnenautor der Nazideutschland aus Angst vor Verfolgung verlassen hatte und im Exil in den Vereinigten Staaten lebte. Dort brachte er seine Verachtung über die Ereignisse in Europa in seinen Theaterstücken und in einem Drehbuch zum Ausdruck. Als Kommunist gebrandmarkt, verließ Brecht die Vereinigten Staaten 1947 und kehrte zurück nach Deutschland, wo er seine letzten Jahre in Ostberlin verbrachte. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und aus Mangel an Schülern schlossen die Türen der Schule ein letztes Mal im Jahr 1996.

Nachdem sie zehn Jahre lang dem Verfall überlassen wurde, und im Zuge vieler Diskussionen über die Zukunft des Gebäudes, wurde die Schule im Frühjahr 2006 für die 4. Berlin-Biennale kurzzeitig wieder eröffnet. Im Oktober desselben Jahres fand hier eine Ausstellung zu Hannah Arendts 100. Geburtstag statt, in welcher ihre Rolle bei der Rettung von jüdischen Kindern während der Nazi-Ära aufgezeigt wurde. Mithilfe der ‘Conference on Jewish Material Claims Against Germany’ (Claims Conference) wurde der jüdischen Gemeinde im Jahr 2009 die Schule offiziell übergeben. Seit 1951 kämpft die Jewish Claims Conference darum, den Opfern des Holocaust ihren Besitz und ihr Vermögen zurückzugeben. Nachdem erfolgreich dargestellt wurde, wie das Gebäude sowohl das Andenken an die vergangenen Geschehnisse ehren, als auch Teil einer neuen kreativen Berliner Zukunft sein kann, vereint die renovierte Fläche heute historische Erfahrungen, Kunst und Gastronomie miteinander.

Alle Informationen wurden bereitgestellt und geschrieben von Brewer’s Berlin Tours. Fotos zur Verfügung gestellt von Abraham Pisarek/ akg-images